Wie Zukunftsmaterialien mit Wirbelschichttechnologien und der Glatt Pulversynthese Realität werden

Batteriewerkstoffe, 3D-Druck, Phosphordünger, Lebensmittel: Der Anlagenbauer und Prozessexperte Glatt Ingenieurtechnik ist dank seiner technologie- und prozessorientierten Innovationskompetenz gefragter Entwicklungspartner in vielen Industriezweigen und im Forschungssektor. Das Technologiezentrum in der Weimarer Zentrale ist der Hub für das Partikeldesign von Zukunftsmaterialien. Aus FuE-Ideen werden hier etwa Produktmuster mit flammenhemmenden Eigenschaften produziert und marktreife Getränkepulver entwickelt; man tüftelt an der Formulierung für Düngergranulate mit definierter Freisetzung sowie an Carbon-Pellets.

  • im Original veröffentlicht in Mitteldeutsche Mitteilungen Ausgabe 02/2020; VDI

Wirbelschichttechnologie und Strahlschichttechnologie

Bereits seit den 1960er Jahren sind Wirbelschichttechnologien in der Pharma-, Lebens- und Futtermittelindustrie sowie in der Feinchemie etabliert. Mit Hilfe kontinuierlicher Wirbelschicht- und Strahlschichtverfahren können auch temperatur- und sauerstoffsensitive Substanzen unter inerten Bedingungen behandelt und in ihren Eigenschaftsprofilen optimiert werden. Dafür werden Pulver agglomeriert und flüssige Inhaltsstoffe zu Granulaten oder Pellets getrocknet, in Mikrokapseln eingeschlossen und bei Bedarf mit einem funktionellen Sprühcoating überzogen (Abb. 1). Die Anlagen für die ein- oder mehrstufigen Prozesse können mitsamt Filterausstattung so hoch wie ein vierstöckiges Haus sein. Doch es geht auch kleiner: Das 2018 vorgestellte Standard-Kompaktsystem GF ModFlex für die Lebensmittelagglomeration lässt sich selbst in vorhandene Produktionshallen „plug & play“ einbauen und ist innerhalb kürzester Zeit betriebsbereit installiert (Abb. 2).

Die vielseitige Technologie wird zudem in Forschungsvorhaben wie dem Verbundprojekt ASTEROID-WS eingesetzt, das vom Freistaat Thüringen und durch EU-Mittel gefördert wird. Glatt evaluiert hierbei die mess- und regelungstechnischen Voraussetzungen für automatisch steuerbare Granulationsprozesse, um Granulate in höchst gleichbleibender Qualität zu erzeugen. Bislang geltende Temperaturlimits lassen sich heute zudem mit Hochtemperaturwirbelschichtanlagen von Glatt überwinden, um beispielsweise Katalysatormaterialien in einem einstufigen Verfahren herzustellen.

PHOS4green schließt Lücke im Phosphorkreislauf

Ein aktuell umfangreicher Schwerpunkt der Weimarer Ingenieure ist die effiziente Nutzung von Reststoffen bzw. Sekundärrohstoffen aus thermischen Verwertungsprozessen. Vor gut einem Jahr hat Glatt ein Verfahren zur Phosphorrückgewinnung vorgestellt; die erste von Glatt geplante PHOS4green-Anlage wird derzeit beim Entwicklungspartner Seraplant in Haldensleben gebaut. Die Anlage mit einer Jahreskapazität von 60.000 Tonnen DüMV-konformen Standarddünger soll im Herbst 2020 den Betrieb aufnehmen. Der Phosphor für die Düngerkörnchen stammt aus Klärschlammaschen. In dem zweistufigen, abfallfreien Verfahren wird Phosphor aus der Asche aufgeschlossen und anschließend als Suspension in der Wirbelschicht zu einem frei fließenden, sofort einsetzbaren Düngergranulat sprühgranuliert.

Dieses Verfahren funktioniert mit unterschiedlichen Aschearten, die Rezepturen können jeweils gezielt auf das Endprodukt abgestimmt werden. In verschiedenen Forschungsprojekten entwickelt Glatt rohstoffspezifische Suspensionen, die zu gebrauchsfertigen, DüMV-konformen Düngern granuliert werden. Doch der Prozess ist auch für entsorgungskritische organische Reststoffe geeignet,  beispielsweise Aschen aus Tierexkrementen, Knochenmehl sowie Ascherückstände aus dem Mephrec-Verfahren.

Neben der Wirbelschicht ist auch eine weitere Technologie des Anlagenbauers gefragt, zum Beispiel wenn es um die Entwicklung von Hochleistungsmaterialien geht: die Glatt Pulversynthese.

Partikeldesign für neue Batteriekonzepte

Im Weimarer Technologiezentrum betreibt Glatt einen Synthesereaktor, der Sprühtrocknung mit Sprühkalzination in einem pulsierenden Heißgasstrom kombiniert. Das Verfahren stellt eine Weiterentwicklung der Pulversynthese dar und ermöglicht das zielgenaue Design neuer Pulvertypen im Nano- und Mikrometerbereich mit exakt eingestellten Eigenschaften. Geeignet ist das Verfahren beispielsweise für Hochleistungskeramiken, Katalysatoren oder Spezialpigmente. Die so erzeugten Pulverwerkstoffe können hinsichtlich Handling, Funktionalität und Komplexität in einem bislang ungekannten Maß spezifisch auf verschiedenste Applikationsspektren maßgeschneidert werden. Ein Anwendungsbereich ist beispielsweise der 3D-Druck: In dem vom BMBF geförderten Projekt HyAdd3D (Hybride additive Multimaterialbearbeitung) untersuchen die Ingenieure von Glatt neue Konzepte für die Pulversynthese und erarbeiten die Verfahrens-  und Anlagentechnologie, mit der die Füllstoffe hergestellt und funktionalisiert werden.

Neuartige Pulvertypen sind zudem in leistungsfähigen Batteriesystemen gefragt, an denen auch in Deutschland mit Hochdruck getüftelt wird: So hat Glatt im BMBF-Förderprojekt EMBATT2.0 zur Entwicklung von stapelbaren Bipolarbatterien auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie aktive Materialien auf oxidischer Basis für neuartige Elektroden erzeugt. Diese Partikel weisen eine definierte Primärpartikelgröße und ausgebildete Kristalloberflächen auf. Das ebenfalls vom BMBF geförderte Verbundprojekt ARTEMYS befasst sich mit Fertigungstechnologien für Materialien, die in Festkörperbatterien ohne Polymeranteil eingesetzt werden sollen. Glatt ist hierbei in die Entwicklung der Feststoffelektrolyte eingebunden. Zurzeit werden Feststoffbatterien nahezu ausschließlich mittels dünnschichttechnologischen Fertigungsprozessen wie der Vakuumabscheidung  hergestellt, ein großtechnischer Maßstab fehlt bislang. Deshalb arbeitet Glatt in dem vom BMWi geförderten Verbundvorhaben FLiBatt am Material für die Beschichtung der Kathodenpartikel für anorganische Lithium-Ionen-Feststoffbatterien. Im Technologiezentrum werden zu diesem Zweck auch Verfahrensvarianten für die Skalierung untersucht.

Glatt Technologien auf einen Blick

Danksagungen:

Verbundprojekt ASTEROID-WS
Das diesen Ergebnissen zugrundeliegende Vorhaben wurde vom Freistaat Thüringen unter der Nummer 2016 FE 9052 gefördert und durch Mittel der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.

Batterieforschungsprojekt EMBATT2.0
Dank an den Projektträger und das BMBF für die finanzielle Unterstützung mit dem Förderkennzeichen 03WP0068A.

Verbundprojekt ARTEMYS
Dank an den Projektträger und das BMBF für die finanzielle Unterstützung mit dem Förderkennzeichen 03XP0114E.

Forschungsprojekt HyAdd3D
Dank an den Projektträger und das BMBF für die finanzielle Unterstützung mit dem Förderkennzeichen 02P15B173.

Weitere Informationen zu diesem Thema und verwandten Themen finden Sie auch in den folgenden Veröffentlichungen: